Die Randfeuerpatronen 4 mm Zimmerstutzen kurz (6,6 mm Hülse) und 4 mm Zimmerstutzen lang (8,5 mm Hülse) stammen ebenfalls noch aus dem 19. Jahrhundert. Auch sie kann man vernachlässigen, weil kaum noch in unseren Breiten wettkampfmäßig damit geschossen wird. Sie sind direkt aus der Kombination Perkussionszündhütchen und 4 mm Schrotkugel entstanden. Genau wie bei der 6 mm und 9 mm Flobert, wird ihr Geschoss nur vom Zündsatz angetrieben.
Die ursprüngliche Entwicklung wird jedenfalls dem Pariser Büchsenmacher Flobert zugeschrieben. Aus diesen Patrönchen, damals Salonpatronen genannt, entstanden in Frankreich die eben beschriebenen 6 mm und 9 mm Flobert. Aus der 6 mm Flobert wurde, wie schon erwähnt, in Amerika bei Smith und Wesson die .22 short entwickelt.
Um sportlich mit dem Zimmerstutzen schießen zu können, benötigt man außerdem auch Schießbahnen von 15 m Länge, die in den meisten Schützenhäusern nicht vorhanden sind. Die ballistischen Werte, die sich mit diesen Kleinkaliberpatrönchen (4 mm Zimmerstutzen und 6 mm und 9 mm Flobert) erzielen lassen, darf man aber nicht unterschätzen. Sie liegen etwa zwischen den Werten der Weitschussluftgewehre und den Werten, die man mit der aus einem normalen KK-Gewehr verschossenen .22 Z lang erreichen kann.
Die 6 mm und 9 mm Flobert sind Patronen, die wie schon erwähnt kein Pulver enthalten, ihr Geschoss (Rund- oder Spitzkugel) wird nur vom Zündsatz angetrieben. Sie dienen vorzugsweise zum Schädlingsabschuss und eignen sich nicht zum sportlichen Schießen. Sie sind die Patronen für das Tesching, ein KK-Gewehr, das kaum noch auf dem Markt erhältlich ist. Da die 6 mm Flobert in das Patronenlager einer Waffe mit dem Kaliber .22 IfB und .22 kurz passt, kann sie darin auch abgefeuert werden, doch durch die sehr kurze Hülse schabt sich von dem Geschoss am Übergangskegel des .22-er Patronenlagers Blei ab, was zur Verschmutzung (Verbleiung) führt. In ein durch 6 mm Flobert verschmutztes Patronenlager lässt sich irgendwann keine .22 lfB- oder 22. kurz-Patrone mehr einführen.
Die 9 mm Flobert Schrotpatrone ist eine reine "KK-Jagdpatrone" für den Schädlingsabschuss mit dem Tesching. Die einzige Gemeinsamkeit mit den hier beschriebenen KK-Patronen ist ihre Randfeuerzündung.
Anmerkung: Schrotpatronen sind nach dem neuen Waffengesetz im normalen Munitionserwerb für die einzelnen Kaliber nicht mehr erlaubt, Altbesitz ist in der (abgelaufenen) Amnestiefrist anmeldepflichtig gewesen!
Die Werte in der Tabelle am Ende des Textes sind mittlere Werte, sie können unter den Munitionsherstellern geringfügig schwanken. Sie sind mit so genannten Messläufen "erschossen". Bei den Werten für die aus der Pistole verschossen .22 lfB ist zu berücksichtigen, dass z.B. die Walther GSP eine Lauflänge von nur 115 mm hat, im Vergleich zu dem 150 mm langen Pistolenmesslauf. Die Lauflänge der KK-Sportgewehre entspricht fast immer der Länge des Messlaufes.
Um sich eine Vorstellung machen zu können, wie groß der Unterschied zum Luftgewehr oder Luftpistole ist:
Die gesetzliche Obergrenze für frei (ab 18 Jahre) erwerbbare Druckluftwaffen (nicht Luftdruckwaffen) liegt bei 7,5 Joule Bewegungsenergie (E0). Wird dieser Wert nicht überschritten, erhalten die Waffen die Kennzeichnung F im Fünfeck. Das gilt auch für Waffen, deren Geschosse mit vorkomprimierter Luft (Pressluft) oder CO2 angetrieben werden.
Die 7,5 Joule Bewegungsenergie wird bei einer Anfangsgeschwindigkeit (V0) des Luftgewehrgeschosses (Diabolo) von 175 m/s erreicht. Gute Luftpistolen erreichen annähernd die gleichen Werte: V0=120 m/s und E0=3,6 Joule bis V0=170 m/s und E0=7,2 Joule. So genannte Weitschussluftgewehre erreichen V0 von bis zu 330 m/s, die E0 beträgt dann ca. 27 Joule, damit sind diese Druckluftwaffen Waffenbesitzkarten pflichtig.
Für die Weitschussluftgewehre, die es auch im Kaliber 5,5 mm gibt, stehen schwerere Diabolos zur Verfügung. Die hier beschriebenen Werte werden nur bei Verwendung des 4,5 mm Diabolos für das sportliche Schießen erreicht. Er wird in zwei Gewichten (0,5 und 0,53 g) und als Maßdiabolo mit vier verschiedenen Kopfdurchmessern (4,48 bis 4,51 mm) angeboten. Weil der unterschiedliche Kopfdurchmesser eines Maßdiabolos durch Kalibrieren hergestellt wird, ist ein Schwanken des Geschossgewichtes kaum festzustellen. Beim Kalibriervorgang wird das Geschoss auf den gewünschten Durchmesser gepresst, es wird dabei Material verdichtet, nicht entfernt oder abgeschabt. Ein Maßdiabolo mit dem Kopfdurchmesser von 4,48 mm wiegt also genauso viel wie ein Maßdiabolo des gleichen Herstellers mit dem Kopfdurchmesser von 4,51 mm.
Ballistik-Tabelle für KK-Patronen
Kaliber .22 lfB, verschossen aus Gewehr: Blei 2,6 1800 650 325 295 265 235 Kaliber .22 lfB, verschossen aus Pistole: Blei 2,6 1800 150 270 260 250 95 Kaliber .22 lfB Subsonic, verschossen aus Gewehr: Blei 2,6 1800 650 305 275 250 121 Kaliber .22 lfB HV, verschossen aus Gewehr: Blei, verkupfert 2,6 1800 650 400 335 296 204 Kaliber .22 Z lang, verschossen aus Gewehr: Blei 1,8 1000 650 220 205 190 43 Kaliber .22 kurz, verschossen aus Pistole: Blei 1,8 1400 110 230 220 210 48 Kaliber .22 Magnum, verschossen aus Gewehr: Blei, verkupfert 2,6 1800 650 615 510 430 491 Geschoss Gewicht
gDruck
barLauf
mmV0
m/sV50
m/sV100
m/sE0
Joule
Text: Erich May
(1. Vorsitzender des Sportschützenvereines 1961 Sand e.V.)Hmg.