1. Teil: Revolver
Drei Dinge beeinflussen maßgeblich die Präzision eines Revolvers:
A: Durchmesser der Trommelmündung
Eine leichte Übermaßigkeit von 2 bis 3/1000" spielt für die Präzision keine Rolle. Sobald wir uns aber in den Bereich der Untermaßigkeit begeben, wird schon 1/1000" eine drastische Verschlechterung der Schußleistung des Revolvers zur Folge haben. Die Erklärung dafür findet sich wahrscheinlich in der unregelmäßigen Beschädigung der Geschosse durch die Trommelmündung.
Betrachten wir den normalen Kalibriervorgang, so stellen wir fest, daß dabei kein Blei abgeschert wird, sondern es wird nur leicht verschoben. Dabei bleibt die Masse gleichmäßig um die Achse des Geschosses angeordnet, was zweifelsfrei eine Voraussetzung für den präzisen Flug der Bleibatzen ist. Im Gegensatz dazu weiß kein Mensch, wie und wo die "Brutalkalibrierung" in der Trommelmündung Beschädigungen am Geschoß hinterläßt. Diese Methode der Kalibrierung ist also auf jeden Fall der Präzision abträglich, da sie niemals zu reproduzierbaren Ergebnissen führen kann!
Stimmt man dagegen den Durchmesser der Geschosse auf den Durchmesser der Trommelmündung ab, so erhält man zumindest eine brauchbare Präzision, deren Gruppendurchmesser im Bereich von 50mm auf 25m liegen sollte. Wer mehr Präzision erwartet, der kommt am Aufreiben der Trommelmündung auf etwas über das Zugkaliber nicht vorbei. Erst dann lassen sich Geschosse mit für den Lauf richtigen Durchmesser erfolgreich verschießen. Erstaunlich ist, daß sich dieser Umstand noch nicht sehr weit herumgesprochen hat und man auch in der deutschsprachigen Wiederladeliteratur kaum Hinweise darauf findet.
B: Dralllänge
Entscheidend ist ein zum Drall passendes Geschoss, sprich die richtige Geschossmasse, zu wählen. Für ein leichtes Geschoss braucht man für ausreichende Stabilisierung eine niedrigere Geschwindigkeit als für schwerere. Das Verhältnis ist also umgekehrt proportional. Damit ist für jede Drall-/Kaliberkombination ein recht enges Spektrum gesetzt, begrenzt durch das Hülsenvolumen einerseits und den Gasdruck andererseits.
Im weit verbreiteten S&W 686-Revolver hat sich in meinen Tests und Versuchen in .38 Spezial ein 158gr Geschoss ( v0~280 m/s) als optimal herausgestellt. In .357 Magnum MIP-Laborierungen sind die 180gr oder gar 200gr Geschoße um Klassen besser als die leichten 158er. Die Ursache liegt sehr wahrscheinlich in der zu hohen Eintrittsgeschwindigkeit in die Züge und damit verbundenen Beschädigung und ungleichmäßigen Führung der Geschosse. Ein 158gr Geschoß einer .357er Patrone verläßt die Trommelmündung mit ca 260 m/s!! Ehe das Geschoß dem Drall folgen kann, bewegt es sich aufgrund seiner Massenträgheit einige Millimeter ohne Rotation durch die Züge, wobei Geschoßmaterial abgeschert wird. Da die Führungslänge des Geschosses sehr kurz ist, kommt es zu Präzisionsverlusten.
Schießen .38er und .357er Patronen bis auf wenige cm in der Höhe zusammen, stimmen beide Ladungen und passen zur Waffe. Tritt allerdings Seitenabweichung bei einer auf, stimmt irgend etwas Grundsätzliches nicht (Geschossgewicht, -form, -durchmesser, Pulverabbrand-Geschwindigkeit, v0).
C: Härte der Laborierung, Geschossform und Geschossgewicht
Der Durchmesser des Zugkalibers ist bei allen Pistolen und Gewehren die ausschlaggebende Größe für die Festlegung des Geschoßdurchmessers - bei Revolvern jedoch mit den oben genannten Einschränkungen. Hat das Bleigeschoß Zugkaliber, so wird es im Schuß nur an den Stellen, an denen die Felder eingreifen, verformt. Es erfährt also die geringstmögliche Beschädigung und behält deshalb seine größtmögliche Festigkeit. Die Erhaltung seiner Festigkeit sorgt für optimale Drallübertragung und somit für die beste Stabilisierung im Flug.
Härte der Laborierung:
Die Härte der Laborierung spielt bei ausreichender Härte der Geschosslegierung die gleiche Rolle, wie bei den Mantelgeschoss-Laborierungen. Wenn alle anderen Faktoren für die Verwendung von Bleigeschossen optimiert sind, dann kann man die Laborierungen genauso hoch treiben, wie bei Mantelgeschossen. Eventuell lassen sich dann sogar, abhängig vom Geschoßfett und dem Zustand des Laufes, mit Bleigeschossen höhere Geschwindigkeiten erzielen, als mit ihren ungefetteten ummantelten Pendants. Einschränkend sollte vielleicht noch angemerkt werden, daß mit Zunahme der Geschwindigkeit die mechanischen Belastungen der Geschosse nicht linear zunehmen, sondern quadratisch.
Geschossform:
Aus Revolvern haben sich Geschosse ohne scharfen Rand am Kopf als besonders präzise erwiesen, also Rundkopf oder Kegelstumpf. Sie sind in jedem Falle die bessere Wahl gegenüber Semiwadcutter oder Wadcutter.
Geschossgewicht:
Im Revolver .357 Magnum 158 grain ohne Gascheck nur für leichte, in .38 Special mit Gascheck auch für mittlere Magnumladungen. Für schwere Ladung immer schwere Geschosse mit Gascheck und progressivem Pulver verwenden. Leichtere Geschosse als 158gr sind meiner Erfahrung nach für präzise Ladungen nicht empfehlenswert. Weitere Kaliber und auch Ladedaten können bei mir erfragt werden.
Fazit
Das Erzielen erstklassiger Präzision mit Bleigeschossen erfordert lediglich einen etwas höheren Grad der Beschäftigung mit der Materie, als dies bei der Verwendung von Mantelgeschossen erforderlich ist. Dies liegt vorrangig an der größeren Unempfindlichkeit der Mantelgeschosse gegenüber Unachtsamkeiten bei der Munitionsherstellung.
Der höhere Aufwand bei der Vorbereitung der Waffe und der Geschosse/ Munition ist einmalig und rechtfertigt sich durch die weitaus größere Wirtschaftlichkeit der Bleigeschosse.
Dieses gilt nicht nur bei der Anschaffung der Projektile, sondern auch dadurch, daß Bleigeschosse viel rücksichtsvoller mit den Läufen umgehen, wodurch ein Ausschießen eines Laufes praktisch unmöglich wird.
Demnächst im Treffer: 2. Teil: H&N-Geschosse in Kurz- und Langwaffen.
Andreas Weise